Die Stunde der Wunder, der Helfer und Throne: Sagen. Das Hellführende: Singen. Die Birkenzweige bei den Menschen lassen und im Kreis den keimenden Frühling abgehen wie eine Wand aus Schweigen. Die Grammatik verhindert die wahren Gesetze. Um sie zu ersehenen, braucht es der Grammatik. Spring, spring, du heller Sonntagsstaub, srping in die gemittelte Sonne. Gelb, gelb du bist ja auf und davongegangen, hast das Wollen hingegeben in den geflüchteten Daimon deiner selbst. Gehe voraus, stürze niemals, nein stürze nicht beim Gehen. Das sollen andere Zaubern nennen // das sollen anderen Salbung / Ölung nennen. Du nenne es: Arbeit an der Blume.
Bodrožić entwirft dichte und berückende Assoziationswelten, scheinbar Disparates wird im Hand- und Satzumdrehen eingeschmolzen in komplexe Bilder. In wenigen Sätzen gelangt Marica Bodrožić von beiläufigen und immer sehr präzisen Beobachtungen in die Tiefen der Geschichte, etwa in die Balkankriege, oder in die Höhen einer erotischen Begegnung, offen für den Einfall der Wörter, von denen sie sich gerne in vielstimmige Selbstgespräche verwickeln lässt.
Martin Zingg, NZZ
Dass die Wörter nicht nur Wörter sind und (Bodrožić‘) außergewöhnliche Kombinatorik eine ganz andere Wahrheit zum Vorschein kommen lässt, zeigen vor allem die beiden Gedichtbände. Schon ihre zunächst durchaus rätselhaften Titel sind Programm: "Ein Kolibri kam unverwandelt" heißt der eine, "Lichtorgeln" der andere. Wobei man sich bei den synästhetisch durchwehten Textflächen der "Lichtorgeln" durchaus nicht sicher sein kann, ob es sich hier überhaupt um einen Gedichtband handelt oder ob der universalpoetisch freie Umgang mit Sprachpartikeln nicht vielmehr jegliche Gattungsgrenze aufsprengt.
Klaus Hübner | literaturkritik.de
Liebe und Wissen sind ihre großen Themen, Freiheit, Einsamkeit, Erinnerung und Tod. Licht und Farben spielen eine große Rolle bei Marica Bodrožić, eigene Wortschöpfungen, erfrischend oft eine Portion Ironie. Ihre Bildmagie zeigt Nähe zu Else Lasker-Schüler, Rose Ausländer, Sarah Kirsch. Im Unterschied zu denen aber verbindet diese Autorin das Gefühl fast immer mit einem Element des Erzählens.
Widmar Puhl | SWR