Sterne erben, Sterne färben - Marica Bodrožić
17374
page-template-default,page,page-id-17374,bridge-core-2.5,ajax_fade,page_not_loaded,,qode-title-hidden,qode-theme-ver-23.5,qode-theme-bridge,disabled_footer_bottom,wpb-js-composer js-comp-ver-6.4.1,vc_responsive

Das Deutsche, ein »Gewirk aus Bewegungen, Tönen, Gerüchen, Kopf- und Körperhaltungen, aus Augenblicken, Augenfarben, Mundregionen und Wangenleuchten«: so sinnlich hat es sich dem neunjährigen Kind nach dem Umzug aus Jugoslawien dargestellt und gleich, trotz vieler Widerstände, wie ein »wärmendes Kleidungsstück« um sie gelegt. Lag es am Widerstand oder an der Wärme, dass Marica Bodrožic Schriftstellerin geworden ist? In Sterne erben, Sterne färben beschreibt sie ihren Weg von den Lücken zu den Wörtern, vom stockenden Atem zum Leben selbst. (Quelle, Suhrkamp / BTB Verlag)

Sterne erben, Sterne färben
Meine Ankunft in Wörtern
btb Verlag, 2016

Dass die Wörter, die deutschen Wörter, als Echoräume unzähliger Ideen und Gedanken dienen können, dass man der Sprache vertrauen kann wie einem Fluss, in dem man schwimmt und der einen hinaus trägt ins offene Meer – das ist die Grunderfahrung, die (Marica Bodrožić) in ihrem wunderbaren Essay an einleuchtenden Beispielen beschreibt und vorführt. „Sterne erben, Sterne färben“ sollte, so formuliert es der Germanist Jörg Drews, „ein Standardwerk sein als Antwort auf die Fragen: Warum sollte man Deutsch lernen?, und: Ist die deutsche Sprache schön?“. Man sei es einfach nicht mehr gewohnt, dass jemand die deutsche Sprache so sehr braucht und so sehr lieben kann, stellt der Kritiker Burkhard Müller erstaunt fest, und Walter Hinck, einer der großen deutschen Germanisten der älteren Generation, spricht von einer „Huldigung an die Sprache“. Viel Lob und viel Ehre also für die junge Sprachkünstlerin, und das vollkommen zu Recht.

Klaus Hübner, literaturkritik.de

Erstausgabe, 2007

Leseprobe

Dieser Prosaband fasziniert durch die immer vibrierende Spannung zwischen der Welt der Herkunft und deren Vermittlung in der deutschen Sprache. Als Kind mit neun Jahren von ihren Eltern, „Gastarbeitern“, nach Deutschland geholt, hat sie keine Schwierigkeiten, in die deutsche Sprache hineinzuwachsen. In ihr erst lernt sie, „an das Leben zu glauben“. Diese Sprache ist ihr „Echoraum der Ursprünge“ und ermöglicht ihr zugleich „das Größere der Freiheit“. Im „Echoraum“ liegen, wie schon in den vorhergehenden Büchern „Tito ist tot“ und „Der Spieler der inneren Stunde“, Heimat, Sehnsuchtsland, verlorene Kindheit, in der man zum ersten Mal „die Welt empfunden hat“, auch das durch den Balkankrieg der neunziger Jahre zersprengte Jugoslawien – nicht umwoben von Jugostalgija, von Nostalgie, nicht im Sinne eines Nationalgefühls, wohl aber als das über die Einzelvölker, die Ethnien, ins Universelle Hinausweisende. Wenn sie „mein Land“ sagt, meint sie „die ganze Erde“.

Walter Hinck, FAZ