Bücher - Marica Bodrožić
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In tiefer Nacht die Sterne zum Leuchten bringen, das kann wohl niemand so kraftvoll und schön wie Marica Bodrožić.

JOACHIM DICKS, NDR

Als Essayistin führt Marica Bodrožić die Sinnlichkeit eines Denkens vor, das immer mehr weiß als die Denkende und ins poetische Suchen führt. Sie öffnet sich dabei bewusst den Traditionen mystischen Schreibens an der Grenze des Sagbaren.

CHRISTIAN LEHNERT

So ein wichtiger, dichter, persönlicher, relevanter und sich ganz einlegender Text – einlegend in die Lesenden, aber auch in viel Größeres, in Weltenzusammenhänge!

MARIA-CHRISTINA PIWOWARSKI

Diese Autorin kann Gedanken erzählen.
RÜDIGER GÖRNER

Dieses Buch versetzt mich in eine Ruhe und Gelassenheit, in eine Klarheit und berührt mich gleichzeitig so stark und innerlich, dass es mir im Lesen zu einer Frieden gebenden Begleitung geworden ist.
LANN HORNSCHEIDT

Gefühle sind symbolisch vermittelt. (…) Dabei konkretisiert Bodrožić die Symbolbildung oder Symbolschöpfung durch das Verfahren der Synästhesie, da dabei der Zusammenhang der Wahrnehmungen und damit der Welt gewahrt bleibe. Synästhesie beschreibt die Autorin mit Walter Benjamin als Verknüpfung, Verflechtung, Verbindung, Verwandlung wie im Traum, eine „Innen-Bilder-Schau“, ein Sich-selbst-beim-Sehen-Zusehen oder Beim-Hören-Zuhören. MARIA BEHRE

Im Rahmen der Reihe „Zwiesprachen“ im Münchner Lyrik Kabinett beschäftigte sich die Schriftstellerin Marica Bodrožić mit dem „Außer-Sich-sein“, der „Verzückung“ und der „Ekstase“ der Offenbarungen Mechthilds. Ihr Essay ist ein weiteres Glanzstück in der „Zwiesprachen“-Reihe (…) Trotz ihrer völligen Hingabe an den göttlichen „Allerliebsten“ habe Mechthild eine eigene „Blickrichtung der Liebe“ bewahrt, die nicht in religiöser Selbstverzehrung aufgeht. Das lyrische Ich führe einen „transzendenten Tanz“ auf, der – und das ist eine schöne Definition von Poesie – im „Verzicht auf Machtanspruch“ besteht. MICHAEL BRAUN

Ich bin eine Fracht. Das plötzliche Aufkommen meiner Empfindungen näht einen neuen Gedankenkoffer in meine Ideen. Nicht ich bewege mich, es ist die Reise, die sich bewegt. Nichts hat eine Bedeutung, bis es eine Bedeutung hat. And when the flower blooms, the bees come uninvited. Und ich liege mittendrin in meinem Bedeutungsraum. Es ist eine klinisch unbeweisbare Verschmelzung.

Bodrožić erzählt davon, wie eine Brücke gebaut wird vom Geschauten zum Gesagten oder Geschriebenen, will man der geschauten Dinge habhaft werden. Der Hand kommt dabei als Übermittlerin eine wichtige Aufgabe zu. (…) „Nichts bleibt jemals stehen, alles ist Bewegung“. Man darf nicht darüber hinweglesen: es heißt „ist Bewegung“ – nicht „ist in Bewegung“. Schon der kleine Verzicht auf das Wörtchen „in“ löst die Bewegung aus der Zeit heraus. Sie ist dadurch jenseits der Uhr ausgedehnt zur kosmischen Lebendigkeit. SANDY SCHEFFLER

Diese große Reisebeschreibung über Krieg und Frieden und ethische Verantwortung des Einzelnen stellt grundlegende Fragen und legt zugleich Zeugnis ab von der geistigen Kraft der Sprache und vom Handwerk des inneren Sehens. Dabei ist dieses Buch auch ein selbstethnographischer Text, der alle Spiegelungen der inneren und äußeren Welt gewissenhaft abklopft.

Neulich im Supermarkt hat mich ein altes Wort hinterrücks überfallen. Es war einfach da, hatte sich nach vorne gedrängt. Kurz darauf konnte ich ein paar Adjektive nicht mehr erinnern, was ein Zittern in mir auslöste. Ich bekam ungeheure Angst vor dem Vergessen.

Die spannende Zerreißprobe im Gedichtband der 1973 geborenen Autorin kommt aus einem mehrfachen Dazwischen. Obwohl die Verse von atmosphärisch dichten Bildern, Metaphern und neuen Wortschöpfungen leben, tragen erzählerische Elemente die lyrischen Figuren voran: aus dem Geburtsort in Dalmatien, der Landschaft der frühen Kindheit im heutigen Kroatien, nach Frankfurt, New York, Paris und Berlin. Die Distanz der Autorin zum lyrischen Ich wird durch die Anrede eines Du noch vergrößert. Gäbe es den Begriff der Multi-Identität – auf Marica Bodrožić träfe er zu. DOROTHEA VON TÖRNE

 

Der Zug fährt langsam. Ich sitze im Großraumwagen. Mein Herz rast wie das Herz eines gejagten Tieres. Im Doppelschritt rast es, schon seit Stunden rast es. Ohne mich um Erlaubnis zu fragen, macht es eine Herzgejagte aus mir. Ilja will mich vom Bahnhof abholen, Ilja, mein Ilja, der beim Reden mit den Propheten in Konkurrenz tritt, er will mir heute alles über meine Zukunft sagen, ohne dass ich ihn darum gebeten habe.

Dieses Buch ist mir sehr NAH gekommen, das ist eine wunderbare Sprache. FRIEDERIKE MAYRÖCKER

Jede der elf Geschichten spielt auf einer anderen der istrischen und dalmatischen Inseln. Da gibt es den heimlich auf dem Schiff mitfahrenden „Bildinspektor“, der wie ein Treuhänder über die Denkwürdigkeiten der vergangenen Welt waltet; die mit einem inneren Ohr ausgestattete Ava im „Vorhof der Ewigkeit oder Oko, den Windsammler, den es aus der realen Welt geworfen, verrückt hat. Die Menschen fürchten sich vor ihm und sperren ihn in eine Anstalt. CORNELIA STAUDACHER

Die Palmen baute ich mir / in meinem Hier/ in einem größeren Wir/ zu einer Treppe aus, / in meinem dunklen dunklen Haus. / Ich ging hinaus. / Nicht durch das Fenster / nicht durch die Türe,/ durch das Auge des Kindes/ nahm ich den Ausgang/ nahm ich den Weg/ aus den Träumen,/ schwieg einmal nicht/ schwieg einmal endlich nicht.

In den Sätzen muss der Atem wohnen. Er will das, er ist ein Zuarbeiter des Satzes. Wenn das Herz vor Aufregung klopft oder Tränen selbsttätig die Wangen herunterrollen, geht der Atem ein bisschen schlafen. Der Atem geht, er geht woandershin, vielleicht wird er gerade in diesem Moment von einem anderen Menschen gebraucht, von einer wachsenden Margerite oder einer Katze, die sich einer schlagenden Menschenhand selbstlos zur Verfügung stellt.

„Träume werden nicht erwachsen. Träume sind ohne Zeit.“ Mit diesen unscheinbaren, schlicht schönen Sätzen führt Marica Bodrožić den Leser ein in die fragmentarische Welt ihres ersten Romans. Dass die Poesiefähigkeit der Welt und die Weltfähigkeit der Poesie nur produktiv erkannt werden kann, wenn Träume nicht erwachsen werden und ohne Zeit bleiben, lernt man in der Folge auf eindrückliche Weise. KATJA GASSER

Ich war ein neugieriges Kind, und wenn Großvater keine Geschichten erzählte, dachte ich mir selber welche aus. Meiner Phantasie entging nichts. Selbst die Russen waren nicht sicher vor mir; ich scheute mich nicht, unserer Nachbarin Svetlana Rodenska einen Apfel, den ich am Morgen aus ihrem Garten gestohlen hatte, als Beweis für russischen Besuch unter die Nase zu halten und ihr von Soldaten zu erzählen, die nachts das „Gelände“, ein Wort, welches ich bei Großvater aufgeschnappt hatte – abgesucht und „in dieser Sache“ nur mich ins Vertrauen gezogen hätten.